Ich habe mich in den letzen Monaten intensiv mit Ciceros Tusculanae disputationes beschäftigt, einem Werk, das, wie ich finde, oft übersehen wird. Mir jedenfalls ist es im gesamten Latinistikstudium kein einziges Mal begegnet und ich bin jetzt froh, dass ich mir die Zeit genommen habe, um tief in die Lektüre einzusteigen.
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Zeit der Verfassung
Die Tusculanae disputationes wurden im Herbst 45 v. Chr. vollendet und gehören somit zum Spätwerk Ciceros (106–43 v. Chr.).
Von Albrecht teilt Ciceros schriftstellerische Tätigkeit folgendermaßen ein:
frühe Periode | mittlere Periode | späte Periode | |
---|---|---|---|
rhetorische Schriften | De inventione 81/80 | De oratore 55, Partitiones oratoriae nach 54 | Brutus 46, Orator 46, De optimo genere oratorum 46?, Paradoxa Stoicorum 46, Ad C. Trebatium Topica 44 |
philosophische Schriften | De re publica 54-51, Erstfassung De legibus ab 52 | De finibus 45, Academica 45, Tusculanae disputationes 45, De natura deorum 45-44, Cato maior 45-44, Timaeus 45-44, De divinatione 44, De fato 44, Laelius 44, De officiis 44, Topica 44 |
Fragmentarisch erhalten oder gänzlich verloren sind die folgenden philosophischen Schriften, die ebenfalls zur späten Schaffensperiode gehören:
- Hortensius 45
- Consolatio 45
- De gloria 44
- De virtutibus 44
- De auguriis ?
- De iure civili in artem redigendo ?
Die Briefe Ciceros, die erhalten sind, wurden ab 68 v. Chr. verfasst und situieren sich daher in der zweiten und dritten Schaffensperiode.
Die Verfassung der Reden teilt von Albrecht in zehn Phasen ein:
- vor Reise in den Orient bis 79: u.a. Pro S. Roscio Amerino 80
- nach der Reise in den Orient, also nach 77: u.a. Pro Tullio
- ab 70: Verres-Reden
- 66 Prätur: u.a. De lege Manilia
- 63 Konsulat: u.a. die vier Catilinarischen Reden
- bis 58, also vor dem Exil: u.a. Pro Archia poeta
- ab 57, also nach dem Exil: u.a. De provinciis consularibus
- 55-52 Reifezeit: u.a. Pro Milone
- 46-45: die drei Reden vor Caesar
- 44-43: Philippicae
(Siehe Von Albrecht, M. (20123): Geschichte der römischen Literatur. Bd. 1, S. 436-448.)
Somit zählen die Tusculanae zu den Werken der Reife, die in der schriftstellerisch produktivsten Zeit im Ciceros Leben ab 55 v. Chr. hervorgebracht wurden.
Die Tusculanae im Überblick
Im Mai und Juni 45 v. Chr. hat Cicero ein anderes philosophisches Werk seinem Freund Brutus gewidmet, das in fünf Büchern verschiedene Auffassungen vom höchsten Gut in unterschiedlichen philosophischen Schulen in Form von aristotelischen Dialogen gegeneinander abgewägt werden: De finibus bonorum et malorum.
Im gleichen Vibe geht es in den Tusculanae disputationes im Herbst 45 weiter. Das Werk
- ist Brutus gewidmet
- besteht aus 5 Büchern
- behandelt die Auffassungen unterschiedlicher Philosophen und Philosophenschulen
- handelt insbesondere von Moralphilosophie
- besteht nach Vorbild des Karneades aus fünf scholae
- ist in Form von aristotelischen Scheindialogen verfasst, in denen ein Sprecher de facto einen Monolog zu behandelten Thema hält
- enthält in jedem Buch je ein Proömium, das von der Rolle der Philosophie bzw. Ciceros Verhältnis zur griechischen Philosophie handelt
Die fünf scholae – je eine pro Buch – behandeln folgende Themen:
- Buch 1: Verachtung des Todes
- Buch 2: Ertragen von Schmerz
- Buch 3: Freiheit von Kummer
- Buch 4: Freiheit von Leidenschaften
- Buch 5: Selbstgenügsamkeit der Tugend
Die fiktiven Dialoge der fünf scholae spielen an fünf Tagen in Tusculum in den idyllischen Albaner Bergen südöstlich von Rom, wo sich vornehme Römer zu Zeiten der Muße in ihre Villen zurückziehen konnten. Anders als in anderen Dialogen Ciceros, etwa De re publica oder De natura deorum, werden in den Tusculanen die sprechenden Charaktere nicht namentlich genannt.
Meine Beiträge im Überblick
In der Zeit, in der ich mich dieser ziemlich anspruchsvollen Lektüre gewidmet habe, sind viele Beiträge auf meiner Webseite entstanden. Diese schließen zum einen Zusammenfassungen inkl. meinen weiterführenden Notizen, Vokabellisten und Phraseologien zur Erweiterung des eigenen Wortschatzes sowie schließlich eine auf Italienisch gedichtete – hie und da parodistische – Interpretation des Werks.
Zusammenfassungen und Notizen
- Buch 1: Der Tod ist kein Übel
- Buch 2: Wie man Schmerz erträgt
- Buch 3: Werden Philosophen depressiv?
- Buch 4: Der Weise ist frei von Leidenschaften
- Buch 5: Tugend: notwendig und hinreichend
Vokabeln und Kollokationen
- aus dem 1. Buch: Tusc. 1 – De iuncturis discendis
- aus dem 2. Buch: Tusc. 2 – De iuncturis discendis
- aus dem 3. Buch: Tusc. 3 – De iuncturis discendis
- aus dem 4. Buch: Tusc. 4 – De iuncturis discendis
- aus dem 5. Buch: Tusc. 5 – De iuncturis discendis
Filastrocca Tuscolana (in italiano)
- Filastrocca tuscolana 1/5
- Filastrocca tuscolana 2/5
- Filastrocca tuscolana 3/5
- Filastrocca tuscolana 4/5
- Filastrocca tuscolana 5/5
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