Am 3. Oktober 2022 ist mein Blog 1 geworden. Ein Jahr ist es her, dass ich die Webseite gelauncht habe. 🎂

Falls Sie selbst (vielleicht wie ich schon seit einer ungesund und lächerlich langer Zeit?) darüber nachdenken, einen wissenschaftsnahen oder sonstigen Blog zu starten, oder einfach einen Blick hinter die Kulissen werfen wollen, lesen Sie weiter, denn heute ist Story-Time.

  • Wie überwinde ich mich, einen Blog zu starten?
  • In welcher Sprache soll ich schreiben?
  • Was will ich mit meinem Blog erreichen?
  • Wie ist es, jede Woche etwas im Blog zu veröffentlichen?
  • Was habe ich dabei gelernt?
  • Wo geht es hin mit meinem Blog? (ab dem 16.10.2022)

Wie kam’s?

Mit dem Gedanken, einen Blog zu starten, habe ich das erste Mal am Anfang des Studiums gespielt. Da ich Abijahrgang 2003 bin… habe ich mich offensichtlich eine halbe Ewigkeit in dumpfes Brüten versunken nicht getraut. Als ich irgendwann Thema, Domain (Überraschung von meinem Ehemann ♥️), eine Liste mit über 100 Artikelideen und ein bisschen Mut gesammelt hatte, haben mir zwei Dinge den letzten Kick gegeben: ein Video und ein Buch.

Dieses Video von Ali Abdaal, dessen Titel (How Writing Online Made me a Millionaire) zwar dermaßen ein Clickbait war, dass ich mich aus Prinzip beinahe geweigert hätte, darauf einzugehen, enthielt doch ganz nützliche und realistische Informationen, denn sein Schluss war letztendlich nicht „so wirst du reich“, sondern „veröffentliche zwei Jahre lang wöchentlich einen Blogpost und dein Leben wird sich ändern – ich weiß nicht wie, aber es wird sich ändern“. Und manchmal ist ein random guy on the Internet nötig, der das sagt, was man zu hören braucht.

In seinem Video hat er auch Austin Kleons Buch Show your work empfohlen,

a book for people who hate the very idea of self-promotion. An alternative, if you will, to self-promotion.

Kleon 2014, 3.

Das hat sich nach mir angehört.

Soll ich schreiben? Soll ich nicht schreiben? Werde ich jemals etwas Würdiges schreiben können? Die meisten, die schreiben, sollten es ja wahrscheinlich lieber lassen; warum soll es ausgerechnet mir anders gehen?

All diese und ähnliche Fragen plagen mich oft. Da es mich jedoch auch plagt, nicht zu schreiben und das, was ich kann, nicht mit anderen zu teilen, fand ich in den Prinzipien im Buch Show your work! einen wahren Trost:

The best way to get started on the path to sharing your work is to think about what you want to learn, and make a commitment to learning it in front of others.

Kleon 2014, 19.

Lernen kann ich und das, was ich lerne, ist größtenteils würdig, tradiert zu werden. Also: Hier bin ich.

Mein Ziel war, zwei Jahr lang wöchentlich einen Artikel zu posten, um dann zu schauen, wo ich stehe und es sich in irgendeiner Weise für mich lohnt.

Wie läuft’s?

Artikel

Bis jetzt konnte ich mein Ziel einhalten, jede Woche einen Artikel zu veröffentlichen, und wir sind mittlerweile bei 58 Artikeln – nicht schlecht, wenn ich bedenke, dass ich den Blog ganz nebenbei spaßeshalber betreibe. Es ist ein großer zeitlicher Aufwand, aber auch ein sehr schönes Hobby, das sehr zu meiner Ausgeglichenheit beiträgt, denn hier darf ich meinen Interessen ganz frei nachgehen.

Die wichtigste Lehre

Nach einem Jahr kann ich leider auch sagen, dass das, was Kleon Sturgeon’s Law nennt, hundertprozentig stimmt:

Dem zufolge sei 90 % von allem, was ich schreibe, crap. Joa. Ich glaube, es stimmt. Trotzdem bin ich sicher, dass das 10 % gutes Zeug niemals entstanden wäre, wenn ich mir ein qualitatives statt einem quantitativen Ziel gesetzt hätte. Die Masse macht’s an der Stelle.

Wenn ich zurückblicke, sind die Artikel, die mir wirklich der Lektüre würdig erscheinen, nur eine Handvoll (s. u. Rückblick), aber damit die paar entstehen, würde ich alles andere auch noch mal schreiben.

Das hat mich mein Blog gelehrt:

Es bedarf oft eines quantitativen Ziels, um ein qualitatives zu erreichen.

Mein Tipp an Sie lautet daher:

Ob es Bloggen, wissenschaftliche Aufsätze, Malen, Dichten oder was immer ist, was Sie gut machen möchten, machen Sie’s und machen Sie viel davon! Auf das gute 10% werden Sie stolz sein.

Sprachen

Die Frage, in welcher Sprache ich einen Blog am besten führen soll, hat mich unter vielen anderen Dingen ewig gehemmt zu starten. Meine Muttersprache ist Italienisch, ich lebe und arbeite aber seit 15 Jahren in Deutschland und schreibe sowieso über verschiedene Sprachen. Ehrlich gesagt bin ich noch zu keinem guten Ergebnis gekommen, wie ich die Sprachenfrage handhaben soll. Die größte Mehrheit der Artikel auf der Webseite sind auf Deutsch, manche auch auf Latein (z.B. dieser, dieser und dieser, in denen es um lateinische Sprichwörter und Redewendungen geht) und ich schließe nicht aus, dass ich früher oder später auch in anderen Sprachen etwas schreiben werde.

Für einen Blog ist es höchstwahrscheinlich ungünstig, aber ich werde es wahrscheinlich variieren. Schließlich kenne ich so gut wie niemanden, der richtig gut Latein kann, der nicht mindestens drei weitere Sprachen beherrscht. Da es also in der Natur der Sache zu liegen scheint, werde ich es vermehrt mehrsprachig handhaben.

Hat es sich so weit gelohnt?

Lernen

Wenn man die Dinge, die man liest, lernt oder überlegt, einmal verschriftlicht hat, kann man sie sich unglaublich besser merken. Es ist zwar ein großer zeitlicher Aufwand, die eigenen Gedanken so zu sortieren und verschriftlichen, dass andere Menschen etwas damit anfangen können, aber es lohnt sich, zum einen um sich Klarheit über das Thema zu verschaffen, zum anderen um sich die Inhalte langfristiger zu merken. Zum Beispiel hätte den Inhalt von Senecas Brief 8 oder Brief 63 nicht mehr so präsent, wenn ich nach der Lektüre die entsprechenden Artikel nicht verfasst hätte. Für mich persönlich lohnt es sich also allemal, diese Artikel zu verfassen.

Außerdem: Wozu lernt man, wenn man das, was man weiß, nicht mit anderen teilt und für andere nutzt?

Quae est melior igitur in hominum genere natura quam eorum, qui se natos ad homines iuvandos, tutandos, conservandos, arbitrantur?

Cic. Tusc. 1.32.

Unterrichten

Ich bin zwar nicht schüchtern, aber eindeutig introvertiert: Ich gehöre zu den Menschen, denen es in aller Regel nicht schwer fällt, tagein tagaus alleine in ihrem Kämmerlein zu hocken und vor sich hin zu arbeiten. Genau das, was mir so leicht fällt, macht mich aber auf Dauer nicht glücklich. Um ein erfülltes Leben zu haben, scheint mir auch notwendig zu sein, einen sinnvollen Beitrag zu leisten. In diesem Sinne ist Unterrichten für mich die allerschönste Aufgabe, denn es besteht gerade darin, das Wissen, das ich mir im stillen Kämmerlein angeeignet habe, mit anderen zu teilen. Manchmal muss man sich eben zum eigenen Glück zwingen – und der Unterricht macht genau das: Er zwingt mich dazu, mit anderen Menschen zu interagieren, doch auf eine Art, die für mich angenehm und lohnenswert ist.

ABER…

Nun kann man natürlich zum einen nicht alles unterrichten, wofür man sich interessiert. Es gibt Wissensbereiche, mit denen ich mich gerne und ausführlich beschäftige, die ich niemals unterrichten werde. Zum anderen unterliegt der Unterricht inhaltlich wie methodisch in jeder Institution bestimmten Einschränkungen. Ich habe vielerorts schon unterrichtet: In der Schule gelten sehr strikte curriculare Vorgaben; an der Universität sollten die angebotenen Seminare den Vorstellungen der Vorgesetzten entsprechen; in der Erwachsenenbildung folgt man oft den persönlichen Wünschen der Kunden bzw. ihren wirtschaftlichen Bedürfnissen. Obwohl ich den jeweiligen Sinn dieser Einschränkungen in all meinen beruflichen Tätigkeiten gesehen und zum Teil als reizvoll empfunden habe, kann man eben nicht alles machen, wie man will. Daher hatte ich schon lange den Wunsch, eine Plattform zu haben, auf der ich frei bin, über alles zu schreiben, mit dem ich mich gerade beschäftige und von dem ich denke, dass es auch für andere einen Nutzen hat, obwohl es vielleicht in den verschiedenen Bildungsinstitutionen weniger vertreten ist.

Mir liegt die humanistische und sprachliche Bildung am Herzen. Was immer ich machen kann, um diese bei mir und anderen zu erweitern, tue ich gerne.

Die Entscheidung, mit dem Bloggen anzufangen, wurde vor allem von dieser Unsicherheit verzögert: Kann ich durchs Bloggen einen sinnvollen, d. h. einen Mehrwert bietenden Beitrag leisten?

Ganz ehrlich: Keine Ahnung. Aber letztendlich muss manchmal das Fehlen von Gegenargumenten reichen, um eine Hypothese als bewährt anzunehmen. Nach dem Motto: Was kann schon schief gehen? Solange die philologischen Beiträge im Netz die Anzahl der Katzen- und Erwachsenenvideos nicht überschreiten, hat man schließlich nichts kaputt gemacht.


RÜCKBLICK

😎 Meine drei Lieblingsartikel:

📣 Der meist aufgerufene Artikel:

❤️ Die Artikel, für die mir gedankt wurde:





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Bibliographie

Kleon, Austin (2014): Show your work! 10 Way to Share your Creativity and Get Discovered. New York: Workman Publishing Company.

Ali Abdaals Webseite.


Silvia Ulivi

Humanistin mit einem unstillbaren Faible für Sprachsysteme, Literatur und Unterricht

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