Der perfekte Ort zum Lesen sieht für jeden anders aus. Manche mögen es, wenn sie Menschen um sich haben, andere bevorzugen die Ruhe und Stille des eigenen Sofas. Die einen lesen lieber drinnen, die andere lieber im Freien.
Ich lese bei Bedarf überall, aber nicht überall gleich gerne. Mit einem höchstwissenschaftlichen 5-Sterne-System, auch 5-stufige Likert-Skala genannt, habe ich heute 20 Orte gerankt, an denen ich lese.
⭐️✧✧✧✧: nur in größter Not
⭐️⭐️✧✧✧: wenn’s sein muss
⭐️⭐️⭐️✧✧: kann man machen
⭐️⭐️⭐️⭐️✧: sehr schön
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️: Leseparadies
Draußen
1. Im Garten
Die milde Sonne wärmt angenehm die Haut, während eine frische Brise den betörenden Blütenduft des Frühlings herbeiweht. Ich sitze seelenruhig auf dem gepolsterten Liegestuhl; neben mir steht auf einem Vintage-Tischchen aus Metall ein mit Schirmchen und Strohhalm versehenen Virgin-Cocktail: Ich genieße sorgenlos ein müßiges Leben mit einem zauberhaftem Buch.
Die Idee, die Freuden des Lebens en plain air mit denen einer schönen Lektüre verbinden zu können, spricht mich theoretisch an.
Bei der praktischen Umsetzung werde ich allerdings gnadenlos enttäuscht. Die vorgestellte Idylle wird stets von stechenden Insekten, lauten Kindern, brüllender Techno-Musik aus dem Nachbargarten rasch und unwiderruflich zerstört. Wechselnde Lichtverhältnisse, wacklige Gartenmöbel und die erneute Erkenntnis, dass ich beim besten Willen keine genießbaren Mischgetränke zubereiten kann, bedeuten endlich das Aus.
⭐️⭐️✧✧✧
2. Im Stadtpark
Ach, die Rheinaue ist schon schön. Der Rhein, die Auen, das Grün, die Enten…
Im Park sitzen und ein Buch lesen ist nicht meins. Hörbücher passen aber prima zu Spaziergängen.
Ich bin zu Studienzeiten regelmäßig die Bonner Zwei-Brücken-Runde gejoggt, die am Rhein entlang durch Stadtparks führt. Das war immer wieder ein Pläsier und die 10 km ließen sich am leichtesten in Begleitung eines spannenden Hörbuchs zurücklegen. Jetzt sind meine Runden zwar überschaubarer und langsamer geworden, aber das Hörbuch darf nach wie vor nicht fehlen.
⭐️⭐️⭐️⭐️✧
3. Am Strand
Weißer Sand, kristallklares Meer, Sonnenbad und ein leichter Roman: Für viele ist diese Kombi der Inbegriff von Sommerurlaub.
Hitze, Sonnenbrand und Menschengemenge tragen nicht zu meiner Entspannung bei. Es gibt nur zwei Gründe, weswegen ich mich im Sommer am Strand befinden kann:
- Ich will im Meer schwimmen – am liebsten im Anschluss einer langen Wanderung. In diesem Fall gehe ich schwimmen und haue so schnell wie möglich wieder ab, sodass sich die Notwendigkeit eines Buchs erübrigt.
- Meine Tochter will im Sand spielen und wir bleiben tatsächlich länger als eine Stunde. Dann brauche ich dringend ein Buch, um es auszuhalten.
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Drinnen
4. Im Café
Viele sind die Menschen, die gerne im Café lesen. Der deutsche Bücherblogger Uwe Kalkowski hat diese Tatsache sogar zu seiner Domain gemacht: kaffeehaussitzer.de
Wenn ich an einen Leser im Café denke, stelle ich mir einen Intellektuellen, Schriftsteller oder Kritiker, vor, der durch die belebende und gemütliche Atmosphäre eines hippen Lokals Inspiration findet, während er an einem dunklen Holztisch sein perfektes, mit Schaumschwan dekoriertes Cappuccino achtsam nippt.
Bei mir kann man nicht sagen, dass ich nicht gerne in Cafés lese. Ich meide Cafés in toto. Leider leider bin ich so schnell überreizt wie ein kleines Baby… oder wie Seneca: Gespräche, künstliches Licht, neue Umgebung, Menschen, die kommen und gehen, Getränke, Musik, klirrendes Geschirr – und dann auch noch lesen?! Nein, danke.
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Lesen Sie mit mir Senecas Brief 56, in dem er sich über den Lärm der benachbarten Thermen beklagt.
5. In der Bibliothek
Bei Bibliotheken muss man meiner Meinung nach zwischen Stadt- und Universitätsbibliothek unterscheiden.
Viele alte Bücher, Manuskripte oder seltenere Nachschlagewerke können nur in der Unibibliothek gelesen werden, d.h. man hat in manchen Fällen gar keine Wahl. Bei einer Stadtbibliothek können die persönlichen Vorlieben im Vordergrund stehen.
In beiden Typen bevorzuge ich bei weiten Bibliotheken mit kleineren Räumlichkeiten anstatt großen Lesesälen.
Wunderschön an thematisch sortierten Bibliotheken ist das Stöberpotenzial: Sich durch die ansprechendsten Regale zu angeln, dabei beim gleichen Thema zwei Bücher gleichzeitig in der Hand zu halten, die genau gegenteilige Meinungen vertreten, zwanzig Bücher anlesen und dabei wissen, dass man alles, was einem gefällt, mit nach Hause nehmen kann. Großartig!
Ich lese viel und gerne in Bibliotheken, allerdings nie gezielt ein Buch, sondern immer nur stöbernderweise.
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6. Im Buchladen
Der Buchladen hat den Stöbereffekt von Bibliotheken, nur ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich zu lange hineinlese, es kostet alles Geld und der Fokus liegt oft auf neuen, kommerzielleren Büchern. Dafür kann man aktuell vermarkte Bücher sehr einfach finden oder bestellen.
Ganz anders verhält es sich mit dem Antiquitätenladen. In diesem herrscht in der Regel ein überwältigendes, doch auf unerklärliche Weise charmantes Chaos. Die Bücher sind gebraucht und müssen daher nicht wie rohe Eier behandelt werden. Die Chancen, im letzten verstaubten Regal um die Ecke ein wahres Schätzchen zu finden, sind groß, die Preise erschwinglich. Und unter der Klientel befinden sich meist Gleichgesinnte. Selten gehe ich hin auf der Suche nach etwas Bestimmtem, doch mit leeren Händen gehe ich auch nicht wieder hinaus.
Ich gehe gerne in Buchläden, lese da aber nicht lange.
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Lesen Sie auch Vorfreude: neue Bücher!
7. Im Museum
In Museen gibt es immer Bücher zu kaufen: Vom Exponatenkatalog der Sonderausstellung über themenverwandte Sachbücher bis hin zu sich gut verkaufenden Evergreens wie Klimt. Das meiste, was da verkauft wird, sind Bände, die der Engländer coffee table books nennen würde: hübsche, inspirierende Bilderbücher, in denen man gerne hin und wieder blättert.
Obwohl ich in Museumsshops seltenst etwas kaufe, werde ich immer in den Bann der faszinierenden Ansichtsexemplare gezogen.
⭐️⭐️⭐️⭐️✧
Lesen Sie meine Gedanken zur Ausstellung Latein: tot oder lebendig? im Kloster Dalheim.
8. Im Wartezimmer
Jeder mag Ärzte, die sich Zeit für ihre Patienten nehmen, und keiner mag im Wartezimmer hocken. Ganz schön verzwickt.
In vielen Wartezimmern sind freundliche Hinweise zum respektvollen Umgang mit den anwesenden Mitmenschen, die sich ebenfalls lieber an einem anderen Ort aufhalten möchten, wie: „Bitte nicht telefonieren“, „Handy lautlos stellen“ oder „keine Kopfhörer benutzen“. Da ich diese sehr zu schätzen weiß, höre ich keine Hörbücher in Wartezimmern, sondern beschränke mich auf Old-School-Lektüre.
Wenn man schon da sitzen muss, hat man hoffentlich ein Buch dabei.
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9. Im Zug / in der Bahn
Wenn ich öffentliche Verkehrsmittel meiden kann, tue ich das.
Wenn ich sie nicht meiden kann, muss ich ein Hörbuch haben.
Was soll man da sonst machen? Added bonus: Kopfhörer schützen vor Smalltalk.
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10. Im Flieger
Da könnte man genau das Gleiche sagen wie beim Zug, nur: Ich schlafe in Fliegern immer ein. Keine Ahnung, wie das sein kann, aber ich verfalle jedes Mal in einen soporösen Zustand. Einmal hatte die Flugbesatzung Mühe, mich zu wecken, nachdem alle Passagiere das Flugzeug bereits verlassen hatten. Ich hatte zwei Stunden lang nichts mitbekommen.
Wenn es nötig wäre, würde ich’s machen.
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11. Im Bus
„Lies nicht im Auto: Du bekommst Bauchweh!“ – Dieser Satz hat meine Kindheit begleitet, aber ich durfte nie lange genug im Auto lesen, um herauszufinden, ob er stimmte. Jetzt weiß ich: Er stimmt. Ich kann in Autos und Büssen nicht lesen.
Daher bin ich um Hörbücher unendlich dankbar.
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12. Im Auto
Road trip? Any time!
Ich liebe Autofahren, insbesondere auf Landstraßen. Es entspannt mich und lässt mich mit offenen Augen träumen. Bin ich nicht zu dolle mit Daydreaming beschäftigt, dann kommen Hörbücher zum Einsatz.
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13. Am Schreibtisch
❤️ mein Schreibtisch ❤️
Hier bin ich gerne. Hier geht es mir gut. Hier bekomme ich die besten Ideen. Hier lerne ich die interessantesten Dinge.
Und am allerliebsten hier vertiefe ich mich in die Lektüre. Oft benötige ich nämlich beim Lesen mehrere Nachschlagewerke, die entweder im Netz oder in der Minibibliothek, in der mein Schreibtisch steht, zu finden sind. Außerdem schreibe ich gerne in Büchern, mache mir Notizen am Textrand, unterstreiche die eine oder andere Passage und brauche sowieso Zugang zu verschiedenen Schreibutensilien, um bei Bedarf kommende Gedanken aufzuschreiben.
Darüber hinaus sind die meisten Bücher, die mich interessieren, nicht nur nicht mehr unter Urheberrecht, sondern wurden überhaupt lange vor der Erfindung von Copyright verfasst. Deswegen finde ich sehr viele Ressourcen und Texte im Internet, die ich dann am schnellsten direkt am Rechner lesen kann, denn mit meinem eBook-Reader werde ich nicht warm.
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️
14. Im Bett
Die Vorstellung, ohne ein Buch einzuschlafen, ist höchst beunruhigend. Das will man doch niemandem antun! Ob aus Papier oder als Hörbuch, ist mir gleichgültig, solange ich ein paar Seiten lesen darf, bevor ich in Morpheus‘ Arme sinke.
Am Kinderbett lese ich sehr gerne vor.
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15. In einer Lesenische
Suchen Sie reading nook auf Google Bilder, um unendlich viele wunderschöne Leseecken zu entdecken, die vor Gemütlichkeit und überwältigender cuteness sprühen!
Bei uns zu Hause gibt es keine Lesenische und der eine Sessel, der am ehesten so platziert ist, dass er zwischen Bücherregalen und Topfpflanzen mit ein bisschen Vorstellungskraft und viel Wohlwollen als Leseecke verkauft werden könnte, wird für gewöhnlich von Ari in Anspruch genommen. Ari kann nicht lesen. Ari ist der Hund.
Aber wenn ich eine hätte, Mann Mann Mann!
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In diesem Video können Sie Ari sehen.
16. Auf dem Sessel
Der Sesselplatz ist wie gesagt nicht ganz einfach zu bekommen. Wenn er mal frei ist, lese ich da gerne. Er steht nämlich in der Bibliothek neben meinem Schreibtisch und bietet ab und an eine willkommene Abwechslung.
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17. Auf dem Sofa
Unser Sofa steht unterm Dach, wo Schrägen und Holzbalken den Raum sehr gemütlich und einladend machen. Außerdem hat das Sofa den Vorteil, dass man niemanden wegjagen muss, wenn man einen Platz beansprucht.
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18. Am Esstisch
Ich bin Italienerin.
Mahlzeiten sind heilig.
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Lesen Sie 10 Dinge, die ich an der Toskana vermisse, und 5 Düfte, die an die Toskana erinnern.
19. In der Badewanne
Ich bade nie. Baden kommt mir als Zeitverschwendung vor.
Wir haben eine riesige Eckbadewanne, um die uns unsere Freunde beneiden, und ich denke beim Anblick nur: „Was für eine Platzverschwendung!“
Außerdem kommen mir keine Bücher ins feuchte Badezimmer.
Auf gar keinen Fall.
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20. Auf Toilette
In einer mehrköpfigen Familie ist Streit gelegentlich unvermeidbar. Wenn Freunde aber erzählen, dass sich Familienmitglieder öfter mal zoffen, weil jemand zu lange das Bad in Anspruch nimmt, werfe ich gerne einen verstohlenen Blick auf den Tatort und finde – siehe da! – ausnahmslos Bücher und Zeitschriften!
Da wir zu dritt ein Badezimmer teilen, bin ich erleichtert, dass keiner diese Gewohnheit hat.
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