In dieser Serie zeige ich Ihnen, was ich als studierte Latinistin nach wie vor unternehme, um mein Latein zu verbessern. Machen Sie doch mit! #discemecum

Nichts hat mir neben dem Auswendiglernen der Grammatikgrundlagen mehr auf den Weg zu einer mühelos(er)en Lateinlektüre geholfen, als meine aktiven Sprachkenntnisse zu verbessern. Denn all das, was man selber auszudrücken in der Lage ist, kann bei der Lektüre keine Schwierigkeiten bereiten. Und als Nebeneffekt: Eine gute Note in den Stilübungen tut auch nicht Weh.

Ich hege die Hoffnung, dass sich einige Studierende, Lehrer oder weitere fortgeschrittene Lateinlerner angespornt fühlen, das eine oder andere auszuprobieren. In diesem Sinne: Disce mecum! Wenn Sie mitmachen, lassen Sie einen Kommentar da! Ich freue mich auf einen Austausch.

🎶 Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da…

…er bringt uns Wind, haiussassà! 🎶

Ach, der Herbst! Das ist meine Lieblingsjahreszeit. Was bringt er noch alles mit sich? Heute schauen wir uns um und tragen Vokabeln und Wendungen zusammen, die es mit dem Herbst zu tun haben. Ich habe das folgende Herbstvideo gedreht und den heutigen Beitrag verfasst, um Ihnen zu zeigen, wie ich am liebsten Vokabeln lerne. Denn auch Vokabellernen darf ein bisschen Spaß machen. 😉

Im Alltag Vokabeln lernen

Lateinstudierende kennen das. Wenn es um Vokabular geht, stellen Tugend, Würde, philosophische Werte, rhetorische Termini und Heeresaufstellungen kein großes Problem dar. Haben Sie aber schon einmal versucht, sich umzuschauen und die Gegenstände, mit denen Sie täglich umgehen, zu benennen? Was heißt zum Beispiel Flasche? Mit Banalitäten wird’s erschreckend schnell eng. Die erste Frage, die neue Mitglieder des Circulus Minervae stellen, lautet immer: „Oje, was heißt denn ja?!“

Es geht mir gar nicht darum, Spielereien zu betreiben, wie lateinische Namen für moderne Technologien zu finden, sondern ganz im Sinne Klafkis die Gegenwartsbedeutung des Lernprozesses zu betonen. Je mehr Mittel und Wege wir finden, das, was wir lernen wollen, mit dem, was wir fühlen, erleben und bereits wissen, zu verknüpfen, desto effektiver und langfristiger wird der Lernprozess.

Im Lehramtsstudium und Lehrerberuf macht man sich viele Gedanken um Schülerorientierung. Ist dieses schülergerecht? Ist jenes altersadäquat aufbereitet? Wofür interessieren Sie meine SuS?

Wenn es darum geht, dass wir selbständig etwas lernen wollen, sind wir gleichzeitig Lehrer und Lerner und müssen uns selbst gegenüber den gleichen Respekt zeigen wie Schülern. Wenn es Ihnen also auf Dauer keine große Freude bereitet, nur Glossare auswendig zu lernen, hier ist eine weitere Herangehensweise.

🍂 Schritt 1: Brainstorming

Wir legen ein Thema fest – heute: die Herbstzeit – und machen 10-15 Minuten lang Brainstorming darüber, welche Vokabeln, Wendungen, Ausdrücke da relevant sein können. Es ist dabei egal, welche Sprache man hierfür wählt. Ich mache in aller Regel einen Mischmasch aus mindestens 2 Sprachen.

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an die Herbstzeit denken? Welche Vokabeln und Wendungen sind dabei relevant?

Was mir auf Anhieb einfällt, ist Folgendes:

  • Welche Jahreszeiten es gibt?
  • Wie ist das Wetter?
  • Was passiert mit den Pflanzen?
  • Was passiert mit den Tieren?
  • Was passiert mit den Menschen?

Wie man vielleicht sieht, habe ich versucht, eher mit Latein anzufangen, aber immer wieder auch deutsche oder italienische Vokabeln aufgeschrieben. In manchen Fällen bin ich auch auf Gegensätze eingegangen; es handelte sich dabei um Vokabeln, die ich in einem anderen Kontext für ein lateinischsprachiges Referat zum Thema Bäume zusammengetragen und gelernt hatte. Repetitio mater studiorum.

Außerdem sind mir an zwei Stellen – wenn auch nicht ganz – Verse von Ovid und Horaz eingefallen; die habe ich mir notiert. Insbesondere möchte ich nachschlagen, ob tempestas caelum contraxit nur poetisch ist oder auch in der Prosa vorkommt.

Bei einem Verb war ich mir unsicher, ob es ein Deponens ist, und bei einer Kollokation muss ich nachschlagen, ob das Verb wirklich stimmt. Das macht nichts, denn es wird alles im zweiten Schritt editiert.

🍂 Schritt 2: Vokabeln zusammentragen

Aus dem vorausgehenden Brainstorming bereiten wir ein zweisprachiges Glossar vor, in dem wir für jedes Wort und jeden Ausdruck eine Entsprechung in der anderen Sprache finden. Dabei ist es wurscht, ob man die Vokabeln im Wörterbuch nachschlagen muss, oder ob es sich um Wörter handelt, die uns bereits bekannt waren.

Es wird immer vorkommen, dass wir beim Nachschlagen von Wörtern auf relevante, schöne Ausdrücke stoßen, an die wir nicht gedacht hatten. Die nehmen wir natürlich auf!

Außerdem sollte man in dieser Phase Stammformen, Genera, Valenz u. ä. (ggf. nachschlagen und) hinzufügen.

Laden Sie gerne das Glossar herunter. Wenn Sie Ergänzungen haben, schreiben Sie sie gerne in die Kommentare!

Hier ist das Glossar.

Und meine Zweifel konnte ich in diesem Schritt klären:

  • Migrare ist kein Deponens.
  • Uvas calcare ist richtig. 😊 Yay!
  • Ov. rem. 187f.: poma dat autumnus; formosa est messibus aestas; | ver praebet flores; igne levatur hiems.
  • Die 1,5 Horazverse stehen am Anfang von Epode 13 und mir ist aufgefallen, dass die Stelle wohl immer falsch verstanden hatte, denn ich hatte contrahere im Sinne vom ‚Zusammenziehen‘ der Wolken o. ä. verstanden, aber im Georges steht dazu ‚verengte (für den Augenschein) den Horizont‘. Na gut.

🍂 Schritt 3: Vokabeln verwenden

Jetzt geht es ans Angemachte.

Allein die bisherige Auseinandersetzung mit dem Vokabular wird uns schon helfen, dass wir die zusammengetragenen Vokabeln memorieren. Erstens ist das semantische Kategorisieren eine der stärksten mnemonischen Techniken. Zweitens unterstützt uns das Aufschreiben – vor allem per Hand – beim Lernen. Drittens ist das selbständige Ausarbeiten von Glossaren lerneffizienter als das Lernen aus vorgefertigten.

Disclaimer
Natürlich haben vorgefertigte Glossare auch unheimliche Vorteile. Sie entstehen unter Berücksichtigung von sprachwissenschaftlichen Kriterien, wenn sie z. B. corpusbasiert sind, haben oft den Anspruch der Vollständigkeit in bestimmten Fachbereichen, konzentrieren sich auf Vokabeln, die sicher lektürerelevant sind usw. usf. …
Lateinstudierende sollten auf jeden Fall auch mit Glossaren sowie vor allem mit Phraseologien lernen. Es spricht also überhaupt nichts dagegen, im Rahmen unserer selbständigen Suche und Auseinandersetzung mit lateinischem Wortschatz auch in die eine oder andere Phraseologie oder Vokabelliste hineinzuschauen. Ich habe z. B. für das heutige Glossar hier und da die Phraseologie von Meißner benutzt.

Wie wir aus modernen Fremdsprachen wissen: Wollen wir das Vokabular sicher beherrschen oder gar aktiv beherrschen, müssen wir Mittel und Wege finden, um den neuen Vokabeln mehrfach zu begegnen sowie um sie in möglichst unterschiedlichen Kontexten zu benutzen. Zu diesem Zweck habe ich das Video gedreht. Übrigens hatte ich einige Wendungen mehr verwendet, musste aber Vieles herausschneiden, weil Ari im Hintergrund groß gemacht hat oder sich irgendwo geleckt und gekratzt hat. 😅

Wie wollen Sie die Vokabeln anwenden? Schreiben Sie einen Text, erzählen Sie jemandem etwas zur Herbstzeit auf Latein oder drehen Sie auch ein Video? Teilen Sie Ihre Ergebnisse mit mir!

Ärgern Sie sich nicht, wenn Sie beim Sprechen mehr Fehler machen als bei Schreiben. Das ist normal. Mir sind in meinem Video trotz Vorbereitung sowohl bei als auch nach dem Editieren ein paar Fehler aufgefallen. Naja. Die Hauptsache ist, dass man sich ständig verbessert.

Verwendete Nachschlagewerke

Jeden Sonntag erschein ein neuer Artikel auf der Webseite. Bis der nächste herauskommt, könnten Sie auch diese interessieren:


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Silvia Ulivi

Humanistin mit einem unstillbaren Faible für Sprachsysteme, Literatur und Unterricht

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