Montag, den 02. Mai 2022

Der Amtseid

Seit gestern arbeite ich nicht mehr: Ich diene.

Letzte Woche hat die Vereidigung zum Beamtentum auf Widerruf stattgefunden, sodass ich heute, am Montag, dem 2. Mai, den Dienst in meiner Schule antreten durfte.

Die Vereidigung am Freitag war zwar vom Coronageschehen noch etwas überschattet und konnte nur in kleineren Gruppen und in abgespeckter Form stattfinden, aber es war trotzdem eine feierliche Angelegenheit. Den Amtseid auszusprechen, war ein ziemlich emotionaler Moment, der von den Veranstaltern sehr gewürdigt wurde. So lautet der Text:

Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können verwalten, Verfassung und Gesetze verfolgen und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.

So wahr mir Gott helfe.

Den letzten Teil „So wahr mir Gott helfe.“ darf man weglassen. Mich hat es aber positiv überrascht, dass noch niemand auf die blöde Idee gekommen ist, das Indefinitpronomen jedermann umzuändern, weil es ja schließlich eine Univerbierung von jeder Mann ist. Vielleicht besteht doch noch ein Schimmer Hoffnung in dieser eigenwilligen Gesellschaft. (😉 Bitte nicht allzu ernst nehmen!)

Der Dienstantritt

Heute Morgen war ich zum ersten Mal in meiner Schule, in der ich warm aufgenommen worden bin. Ich kannte die Schule bereits aus dem Praxissemester und es war sehr angenehm, ein paar bekannte Gesichter wiederzusehen. Alle sind freundlich bis sehr herzlich zu mir gewesen, die ABBs haben sich Zeit für mich genommen und die Schulleitung hat mich in der Pause dem Kollegium vorgestellt. Ich habe in solchen Situationen, die nicht fachlich sind, immer Angst, etwas falsch zu machen, oder gehe davon aus, dass mich alle doof finden werden, aber der heutige Dienstantritt hat echt gut getan, denn ich habe mich gleich gut aufgehoben gefühlt. Auch die anderen Referendare, die alle bereits seit November an der Schule sind, haben einen aufgeschlossenen Eindruck gemacht.

An meinem ersten Schultag habe ich mich übrigens nach einiger Überlegung für Gris Dior entschieden, einen frisch-blumigen, feminin-holzigen Duft, der für meine Nase den Inbegriff der Professionalität verkörpert:

(Lesen Sie auch 5 Düfte, die an die Toskana erinnern.)

Weisheit des Tages:

Schulleitung: „Außerunterrichtliches Engagement ist schön und wichtig, aber sehen Sie zunächst einmal zu, dass Sie sich um Ihre Ausbildung gut kümmern, und machen Sie den Rest nur, wenn Kapazitäten übrig bleiben!“

Man könnte die Botschaft auch mit diesem Zitat zusammenfassen:
„Every dead body on Mt. Everest was once a highly motivated person, so… maybe calm down.“

(Das muss ich mir noch irgendwo groß aufhängen…)

Nachdem heute die ersten organisatorischen Fragen an der Schule geklärt worden sind, geht es morgen mit den Fachseminaren weiter. Ich bin mal gespannt auf die Fachleiter!

Dienstag, den 03. Mai 2022

Mein Gott, bin ich erschlagen.

Es ist 21:30 Uhr.

Nachdem ich heute Morgen um 6:30 Uhr das Haus verlassen habe, kam ich endlich um 20:15 Uhr zurück und wurde von meinem heulenden Kind begrüßt, das zu Recht Angst hatte, mich heute gar nicht zu sehen. Das hat mir nach den heutigen Vorstellungen dessen, was mir bevorsteht, den letzten emotionalen Schlag verpasst. Gerade Tag 2 überstanden und ich kann schon nicht erwarten, dass es vorbei ist.

Ich bin mir sicher, dass es wieder besser sein wird, wenn ich auch mal an Schüler dran- und zum Unterrichten komme, aber gerade bin ich einfach nur erschlagen.

Ganztägige Fach- und Kernseminare mit reichlich Hausaufgaben, an den anderen Tagen Schule, sodass ich beim Anschauen meines Stundenplans momentan keine Lücke sehe, in der ich den Unterricht vorbereiten könnte, geschweige denn irgendwelche UBs mit Verlaufsplan, Gruppenanalyse und sonst was. Die Zeit bis zu den Sommerferien ist ohnehin echt knapp bemessen und es ist schon bekannt, dass wegen Ausbildungstage, mündlicher Prüfungen und außerschulischer Veranstaltungen die Möglichkeiten zu hospitieren und unterrichten kaum zu allem ausreichen werden. Denn die Aussage ist, dass man bis dahin der Kernseminarleitung eine Stunde für das EPG (Einführungs- und Perspektivgespräch) gezeigt und anschließend 2 UBs (je 1 pro Fach) gehalten haben soll. Nicht nur das. Am besten hat man natürlich vor den UBs die jeweiligen Lerngruppen schon kennengelernt und hat da schon Stunden gehalten. Ach, und übrigens in den letzten zwei Juniwochen brauche man sowieso keine UBs zu planen. Gleichzeitig soll man aber an der Schule erst mal 2 Wochen nur beobachten. Ich sehe noch nicht, wie das alles klappen soll.

Ich fühle mich überfordert, was mich gleichzeitig ärgert, weil ich so weit weder in fachlicher noch in fachdidaktischer große Baustellen sehe, sondern die Überforderung mir von der Tatsache zu kommen scheint, dass diejenigen, die den Vorbereitungsdienst konzipiert haben, offenbar sadistisch unterwegs waren.

Ganz rational bin ich gerade nicht… sondern nur müde und erschlagen.

Morgen geht es weiter mit dem Kernseminar, das hoffentlich zumindest organisatorisch Klarheit verschaffen wird. Die Fachleiter sind schließlich sehr erfahren und machen einen sehr kompetenten Eindruck. Das Drumrum wird sich hoffentlich noch fügen…

Note to self: Reiß Dich zusammen!

Mittwoch, den 04. Mai 2022

Wieder sitze ich zu einer unmöglichen Zeit brav in der Bahn und bin nach einer schlaflosen Nacht noch recht mitgenommen von gestern. Eine Sache ist es, die Fachleiter in den Seminaren kennenzulernen; schließlich kommt es aber auch und vor allem darauf an, wie Sie unseren Unterricht einschätzen und mit uns besprechen. Ich bin weiterhin gespannt, sie richtig in action zu sehen!

Allgemein in diesem Lebensabschnitt möchte ich gerne eine stoische Haltung entwickeln und mir keine Gedanken über die Daseinsberechtigung von Dingen, die ich nicht ändern kann, machen. Auf der Fahrt nach Köln in dieser frühen Stunde fällt mir dazu nur den blöden Spruch Et kütt, wie et kütt ein, aber das passt doch. Life happens, ob man es will oder nicht; wichtig ist wohl, was man daraus macht. Ich wünsche mir, ich könnte häufiger meiner Deutschlehrerin Glauben schenken, die mir immer sagt: „Alles, was Du anfasst, wird zu Gold.“


Mittlerweile sitze ich im Kernseminar und warte, dass es losgeht. Zum Glück kann man in diesem Gebäude eine einfache medizinische Maske tragen und muss im Gegensatz zum Gebäude, wo die Fachseminare stattfinden, nicht den ganzen Tag eine FPP2-Maske tragen. Die Dozentin macht einen freundlichen Eindruck. Und es gibt Kaffee. VIEL Kaffee. 🤤

Sonntag, den 08. Mai 2022

Kernseminar

Das Kernseminar am Mittwoch war sehr gut. Ich glaube, dass die Dozentin eine ist, die gerne alles zack zack erledigt. Das gefällt mir und bei ihr schläft auf jeden Fall niemand ein, auch bei den langen Intensivtagen nicht. Es wurden ganz viele verschiedene Methoden gezeigt und ich bereue es, dass ich sie nicht alle aufgeschrieben habe. Wenn ich meine Notizen sortiere, möchte ich mir eine oder zwei aussuchen, für die mir auf Anhieb eine sinnvolle Anwendung im Fremdsprachenunterricht einfällt, und sie zeitnah ausprobieren.

Schule

In der Schule komme ich immer etwas zur Ruhe. Hat man es mit den Schülern endlich zu tun, erinnert man sich, weswegen man das Ganze schließlich durchmacht. Das gibt Perspektive.

Es war so schön, „meine“ alten Schüler wiederzusehen. In dem Gymnasium hatte ich vor einem Jahr schon das Praxissemester gemacht und in einer bestimmten Klasse hatte ich jede Woche mindestens eine Stunde unterrichtet. Als einige strahlend „Kommen Sie wieder zu uu-uuns?“ fragten, bin ich fast dahingeschmolzen. Andere haben stolz erzählt, sie hätten noch die Lesezeichen, die ich ihnen als Abschiedsgeschenk gebastelt hatte. Total nett!

Es ist schon geplant, dass ich dort demnächst ein paar Stunden übernehme. Juhuu! Wenn in den Nachrichten von außerplanmäßigem Feuerwerk berichtet wird, wissen Sie, dass ich die Klasse auch im BDU (BDU: bedarfsdeckender Unterricht, ’selbständiger Unterricht‘) bekommen habe. 😉

Beste Konversation der Woche

Schüler (völlig ernst): Herr XY, ich hätte eine Frage zur Klassenfahrt: Darf ich meine Zuckerwattemaschine mitbringen?

(Klasse lacht.)

Lehrer (völlig ernst): Zur Belustigung meiner Frau bin ich ein großer Zuckerwattenfan. Ich bespreche das mit der Klassenlehrerin.

👍

Zu Hause

Das ist der Zustand meines Schreibtischs nach der ersten Woche Referendariat:

Chaos pur! So fühle ich mich auch. Ich habe Termine überall und nirgendwo aufgeschrieben, mir keinen Überblick über den Stundenplan verschaffen können, unsortiertes Material an verschiedenen Stellen geheftet usw. Ich habe zur Beruhigung viel Gitarre gespielt. Unter den Noten verbirgt sich ein Stapel neuer Bücher, die noch keinen Platz im Regal gefunden haben. Was Klamotten, Kotbeutel, Müll und Besteck auf meinem Tisch zu suchen haben, weiß ich auch nicht so richtig. Naja. Hauptsache, Vergil ist in der Nähe.

Der heutige Tag wird genutzt, um Ordnung zu schaffen und einen Schlachtplan zu schmieden. Zur inneren Ruhe trägt ja schließlich auch äußere Ordnung bei. Und SPORT! Heute stehen Aufräumen und Sport auf dem Plan.

Außerdem ist heute Muttertag und ich werde gerade von der Family besonders liebevoll umsorgt. 💖


Sooo! Der Sonntag ist sehr gut gelaufen. Ich konnte viel Zeit mit meiner Familie verbringen, aber auch Einiges organisieren. Ich musste noch ein paar Anträge stellen, Formulare weiterleiten und sonstige organisatorische Fragen klären, sodass ich nun sehr erleichtert bin, dass ich einige Punkte aus der Agenda streichen konnte.

Ich war beim Sport. Ah, tut das gut! Danach bin ich immer gleich viel besser gelaunt. Im Anschluss konnte ich Unterlagen, Seminarmaterialien und den Schreibtisch allgemein aufräumen. So kann die neue Woche morgen doch ruhig starten:

Ich habe auch ein Fach im Regal befreit, um dort einen Handapparat mit (Fach-)Didaktikbüchern, Lehrtexten und Unterrichtsmaterialien unterzubringen:

Ich fühle mich nun beruhigt und erleichtert: Es kann weitergehen. Und ich bin natürlich unendlich dankbar um mein Bullet Journal, das mir das ganze Organisieren und Planen deutlich einfacher macht.

Morgen: Schule. Ich freue mich! 😁

Jeden Sonntag erscheint ein neuer Artikel auf der Webseite. Bis der nächste herauskommt, könnten Sie auch diese interessieren:




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Silvia Ulivi

Humanistin mit einem unstillbaren Faible für Sprachsysteme, Literatur und Unterricht

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