Public Speaking ist etwas absolut Faszinierendes. Die meisten haben Angst davor, die wenigsten können das richtig gut. Egal, wie oft man das macht, das lässt einem nie kalt.

Heute erfahren Sie unter anderem, warum Sie beim Public Speaking kein Powerpoint brauchen und Sprechpausen wichtiger sind als das, was Sie sagen! Unten finden Sie meine 5 Tipps nach dem Motto: Do this, not that!

Begleiten Sie mich down memory lane an einen lauwarmen Abend im Mai 2004. Wir sind in meinem schönen, wenngleich chronisch unaufgeräumten WG-Zimmer, im Hintergrund läuft Caparezzas Sono fuori dal tunnel (del divertimento) und mein knapp 20-jähriges Ich läuft rastlos und wild gestikulierend rauf und runter von Schreibtisch zur Tür und zurück. Dabei wiederhole ich unzufrieden irgendwas auf Englisch zu den Figuren eines Romans. Ich halte meine Notizzettel, die – vom festen Griff meiner schwitzenden Hände schon etwas abgenutzt und von den tausendundeiner vorbereitenden Wiederholungen des Vortrags völlig überflüssig geworden – in Turbogeschwindigkeit rotieren. Mein Mund ist ausgetrocknet, mein Bauch zusammengeknotet, mein Hals zu einem beunruhigenden Kloß angespannt. Ich kriege kaum noch Luft und bin von schierer Panik völlig überwältigt.

Ja, am nächsten Tag steht mein erster richtiger Vortrag an, und dann gleich auf Englisch. Ich bin ein Nervenbündel und es wird im silbernen Mondlicht höchste Zeit, dem zwanghaften Wiederholen ein Ende zu setzen. Bevor ich ins Bett gehe, muss ich mich irgendwie beruhigen. Also schaue ich noch einmal sachlich-objektiv auf meine Zettel: Die Inhalte sind spannend, die Form ist ausgereift, die Übergänge sind nachvollziehbar, ja, doch, ich bin gut vorbereitet. Ich hätte nicht mehr machen können und trotz der ganzen Aufregung kann ich mir auf sachlicher Ebene zugeben, dass ich im positiven Sinne auch sehr gespannt bin, das, was ich mir überlegt habe, mit anderen zu teilen. Mit dieser Überzeugung kann ich mich schließlich hinlegen und schlafen.

Die Stunden, die Minuten vor dem Vortrag sind die Hölle: Anspannung pur. Ich hänge aber an der Erkenntnis, dass ich inhaltlich-sachlich stolz auf das bin, was ich vorbereitet habe. Das erdet mich, bis ich schließlich nach vorne gerufen werde.

Mein Herz schlägt so, dass ich Angst habe, man könne es von der letzten Reihe des Hörsaals hören, aber der Raum wird bald von meiner starken Stimme gefüllt. Ich überrasche mich dabei, dass ich laut und deutlich spreche, um die Unsicherheit zu überspielen. Ich ziehe meine Rede wie im Rausch durch und doch stelle ich nach den ersten wenigen Minuten erstaunt fest: Ich habe Spaß! Ich, der gefühlt introvertierteste Mensch auf Erden, habe Spaß beim Public Speaking! Ich, die ich im Ausland mich trotz aller Sprachkenntnisse schäme, auch nur einen Kaffee zu bestellen, halte gerade einen Vortrag auf Englisch und amüsiere mich dabei?!

Das war der Moment, an dem ich wusste, da ist was. Das liegt mir. Und je mehr Reden ich in den vergangenen 20 Jahren hielt, desto mehr habe ich gelernt, aus mir selbst herauszukommen und das Publikum mitzunehmen.

Ich bin Silvia Ulivi, Zertifizierte Freie Rednerin und Freie Rednerin (IHK):

Hier finden Sie meine 5 Tipps für Ihre Reden oder Vorträge.

🙅🏻‍♀️ Folien 🎯Struktur

Viele, die einen Vortrag halten müssen, denken: „Powerpoint!

Mittlerweile haben wir es so drin, dass alle Reden von Folien unterstützt werden sollen, dass man Powerpoint-Präsentationen auch auf Hochzeiten sieht, wenn Freunde eine Geschichte vom Hochzeitspaar erzählen.

Ich habe an sich nichts gegen gut eingesetzte Folien, ABER!

Mein Tipp an Sie ist: Bereiten Sie Ihren Vortrag oder Ihre Rede so, dass man Ihnen auch ohne visuelle Unterstützung gut und gerne zuhören kann. Überlegen Sie erst dann, ob und welche visuelle Unterstützung Ihrer Rede wirklich gut tut.

Gerade wenn Sie gut vortragen können, kann es schnell passieren, dass ein Foliensatz eher störend und ablenkend ist. Aus meiner Erfahrung in der universitären Lehre kann ich sagen: Wenn ich eine Seminarsitzung ohne Folien halte, sind die Studierenden aufmerksamer und aktiver. Sobald die Folien angeschaltet werden, switcht etwas in ihrem Hirn, das sagt „ab jetzt nur noch konsumieren“ und sie verfallen schnell in eine rein passive Zuhörerrolle.

Es gibt Redeabschnitte, die von Folien profitieren: Auseinandersetzungen mit bestimmten Daten oder Texten, Vorstellungen von theoretischen Modellen, Besprechungen von bestimmten Bildern oder Grafiken, zum Beispiel. Nach meiner Beobachtung werden Folien jedoch meistens völlig überschätzt.

Wie können wir dafür sorgen, dass man uns gut folgen kann?

Die Faktoren sind zahlreich, aber eins möchte ich heute besonders hervorheben: Struktur! Über Struktur spreche ich in zweierlei Hinsicht: inhaltlich und sprachlich. Sorgen Sie dafür, dass die dispositio Ihrer Redeteile sowohl logisch als auch für den Zuhörer ersichtlich bleibt.

Tipp 1
Strukturieren Sie Ihre Rede so, dass die Zuhörer Ihnen auch ohne visuelle Unterstützung gut folgen können. Ergänzen Sie ggf. gezielt Folien.

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🙅🏻‍♀️ perfekter Akzent 🎯Sprechqualität

Ich habe mir immer zu viele Gedanken über meine Aussprache gemacht. In allen Sprachen, die ich beherrsche. Im Italienischen habe ich unzählige Stunden mit Ausspracheübungen verwendet, die zu einer möglichst neutralen Standardaussprache führen können, weil ich immer den Eindruck hatte, dass mein regionaler (toskanischer) Akzent als lustig empfunden wird. Meine falsche Schlussfolgerung war, dass ich in überregionalen Kontexten nicht ernst genommen werden könnte. Zwar bin ich froh, dass ich das Skill des parlare in dizione nun beherrsche und das macht in bestimmten Kontexten etwas her, aber man hält mich sicherlich auch nicht für lächerlich, wenn man heraushören kann, dass ich aus der Toskana komme.

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Fürs Deutsche habe ich auch unendlich viel Aussprachetraining hinter mir. Für Englische auch. Das ist etwas, was man üben und anpassen kann.

Es kann Kontexte geben, in denen eine starke regionale Aussprache ggf. vom Inhalt ablenken kann. Deswegen bin ich froh, dass ich Optionen habe. Ja, ich bin froh, dass man aus der Art, wie ich spreche, nicht direkt meine italienischen Wurzeln heraushört.

Dennoch habe ich, glaube ich, den negativen Einfluss einer nicht neutralen Aussprache in meiner Wahrnehmung überschätzt.

Wenn Sie etwas zu sagen haben, wird man Sie auch mit regionalem oder fremdsprachigem Akzent ernst nehmen. Wenn Sie einen Vortrag in einer Fremdsprache halten, wird man Ihnen trotz Akzent gerne zuhören, wenn die Qualität Ihres Vortrags hoch ist.

Alles, was man kann, kann nützlich sein. Wenn Sie Lust und Zeit haben, die Aussprache im Deutschen oder einer Fremdsprache zu perfektionieren, gibt es viele zielführende Übungen, die Sie machen können. Denken Sie jedoch nicht, dass Sie die perfekte Aussprache brauchen, um ernst genommen zu werden.

Tipp 2
Eine standardisierte Aussprache ist ein nützliches Skill, aber die Sprech- und Redequalität sind wichtiger.

🙅🏻‍♀️ Sprechgeschwindigkeit 🎯Sprechdeutlichkeit

Was die Sprechgeschwindigkeit angeht, ist es entscheidend, ein Tempo zu wählen, das den Zuhörern ermöglicht, der Rede mühelos zu folgen.

Es gibt da zwei Typen:

  • Wenn Sie wie ich sind, werden Sie in aufgeregtem Zustand schneller; womöglich sogar so schnell, dass das Publikum Sie gar nicht mehr versteht.
  • Wenn Sie wie mein Mann sind, werden Sie in aufgeregtem Zustand laaangsaaammm; womöglich so langsam, dass das Publikum in einen lethargischen Stumpfsinn verfällt.

Behalten Sie ein Auge auf Ihre Sprechgeschwindigkeit und versuchen Sie das Sprechtempo dem Inhalt anzupassen: Leichte und spannende Passagen werden schneller, schwierige Passagen mit Tiefgang langsamer vorgetragen!

Sprechgeschwindigkeit ist jedoch schließlich etwas ganz Individuelles. Solange Sie Sprechtempo und Lautstärke etwas modulieren, können Sie in aller Regen so sprechen, wie für Sie natürlich ist. Unter einer Bedingung!

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Sprechdeutlichkeit! Eine klare Aussprache trägt wesentlich dazu bei, eine Botschaft effektiv zu vermitteln. Zwar kann das menschliche Hirn erstaunlich viel ergänzen, was nicht deutlich herüberkommt; dennoch wird es für den Zuhörer auf Dauer mühsam, wenn er einzelne Wörter oder Satzteile nicht richtig mitbekommt.

Tipp 3
Sprechen Sie so deutlich, dass die Zuhörer jedes einzelne Wort verstehen können.

🙅🏻‍♀️ an sich denken 🎯an andere denken

Oft spricht man schnell oder undeutlich, wenn man nicht hundertprozentig überzeugt ist, dass man mit der eigenen Rede einen sinnvollen Beitrag leisten kann, der für andere Menschen einen Mehrwert haben wird.

Oder das Rampenlicht ist uns so unangenehm, dass wir uns möglichst schnell aus der Aufmerksamkeit der Publikums zurückziehen wollen.

Oder aber wir haben uns so lange mit einem Thema beschäftigt, dass wir es dermaßen in- und auswendig können, dass uns unsere Kenntnisse selbstverständlich erscheinen.

Kurzum: Wenn wir eine Rede halten, stellen wir uns so, wie wir sind – und wir sind nun mal nicht perfekt – vor andere Menschen, halten Sie auf und nehmen uns Ihre Zeit, um Ideen mit Ihnen zu teilen.

Das erfordert Selbstwertgefühl.

Wenn Sie nicht so recht daran glauben können, dass Sie mit Ihrer Rede einen Mehrwert für Ihre Mitmenschen anbieten, ist es schwierig, eine wirksame Rede zu halten.

Ich persönlich habe mit diesem Punkt regelmäßig zu kämpfen. Wie Sie in meiner anfänglichen Anekdote vielleicht gelesen haben, schöpfe ich Selbstwertgefühl aus meinem Selbstbewusstsein. Ich weiß nämlich, was ich gut kann und was nicht, und mir hilft ein möglichst objektiver Blick auf das, was ich vorbereitet habe, um inhaltlich zufrieden zu sein. Dann kann ich am Selbstwertgefühl arbeiten und mich davon überzeugen, dass meine Rede für andere nützlich sein wird.

Dass Sie vorne stehen, ist keine bloße Selbstdarstellung, sondern Ihre Chance, wichtige Erkenntnisse weiterzugeben! Je mehr Sie den Fokus auf das Publikum und seinen Gewinn beim Zuhören setzen können, desto wirksamer wird Ihre Rede werden.

Klarheit darüber, worin der Mehrwert Ihrer besteht, hilft dabei. Inwiefern ist Ihre Rede eine Bereicherung für Ihr Publikum? Bieten Sie Unterhaltung, Information, Affekterregung, Ehrerbietung, Innovation …?

Bei mir persönlich ist es so: Nur wenn ich Selbstwertgefühl aufgebaut habe, kann ich den nächsten Punkt knacken!

Tipp 4
Seien Sie davon hundertprozentig überzeugt, dass Ihre Rede einen Mehrwert im Leben Ihres Publikums darstellt.

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🙅🏻‍♀️ kontinuierlich reden 🎯Pausen einlegen

Für eine gute Rede ist es nicht nur wichtig, etwas Gutes zu sagen, sondern auch gezielt nichts zu sagen. Das soll heißen, dass der gezielte Einsatz von Pausen absolut unentbehrlich ist, damit Sie wirksam sprechen können.

Der Zuhörer braucht Pausen, um das Gesagte sacken zu lassen, um sich die Dinge, die Sie erzählen, bildlich vorzustellen, um sich Fragen zu stellen usw. Wenn Sie sich einen aktiven Zuhörer wünschen, der kognitiv ganz und gar bei der Sache ist, müssen Sie ihm diese Zeit und diese Pausen gönnen.

Pausen brauchen Sie, um Dinge hervorzuheben, z.B. nach einem Zitat oder einem wichtigen Punkt. Wenn Sie kontinuierlich reden, wird alles gleich wichtig, also inflationär unwichtig. Mit Pausen können Sie die Erzählprosodie gezielt durchbrechen, Spannung aufbauen, Wichtiges hervorheben.

Ja, Pausen sind wichtiger als das, was man sagt, denn ohne Pausen kann nichts rübergebracht werden können.

Tipp 5
Gönnen Sie Ihrer Argumentation und Ihrem Publikum gezielte Redepausen.

Lesen Sie: Was ist Bildung? Ausgehend vom Lateinischen.

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Silvia Ulivi

Humanistin mit einem unstillbaren Faible für Sprachsysteme, Literatur und Unterricht

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