Bereitet man sich auf das Kolloquium im Staatsexamen vor, muss man auch Einiges an juristischen Kenntnissen – etwa in Bezug auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, die Handlungsfelder von Lehrern, Ordnungsmaßnahmen, Leistungsüberprüfung usw. usf. – nachweisen.

Heute zeige ich Ihnen, welche Abschnitte und Artikel aus dem Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen mir besonders wichtig bei der Vorbereitung auf das Kolloquium erscheinen.

Disclaimer
Es handelt sich bei dieser Übersicht um meine persönliche Einschätzung bei der Vorbereitung auf das Kolloquium, die keineswegs auf Empfehlungen seitens des ZfsL oder anderer Institutionen basiert. Nutzen Sie gerne den Überblick, aber seien Sie sich dessen bewusst, dass ich keine Vollständigkeit anstrebe.

In Nordrhein-Westfalen besteht das Staatsexamen am Ende des Vorbereitungsdiensts bei aktueller Prüfungsordnung (2023) aus fünf Teilen:

  • schriftlicher Entwurf Fach 1
  • schriftlicher Entwurf Fach 2
  • unterrichtspraktische Prüfung Fach 1 (inkl. Reflexion)
  • unterrichtspraktische Prüfung Fach 2 (inkl. Reflexion)
  • Kolloquium

Die folgenden Abschnitte, Artikel und Passagen versuche ich gerade bei der Vorbereitung auf das Kolloquium zu memorieren. Da ich von Kollegen die Rückmeldung bekommen habe, dass die Übersicht nützlich sei, stelle ich sie gerne hier zur Verfügung.

Meine Fächer sind Latein und Italienisch (GyGe). Bei anderen Fächern und Schulformen sollen Sie sich ggf. unbedingt auch andere Artikel vergegenwärtigen, z.B. §31 bei Religion.

Auftrag der Schule

§ 1 Grundrechte

  • „Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung“ unabhängig von sozialen und wirtschaftlichen Aspekten

§ 2 Bildungs- und Erziehungsauftrag

  • Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule
  • auf der Grundlage des Grundgesetzen und der Landesverfassung
  • „Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung.“
  • Prinzipien: Menschlichkeit, Demokratie, Freiheit, Toleranz, Verantwortung gegenüber Tieren und Umwelt, Heimatliebe, Liebe zur Völkergemeinschaft, Frieden
  • Entfaltung der Person; Selbstständigkeit (vgl. #Humboldtsches Ziel der Mündigkeit)
  • in der Regel Koedukation
  • möglichst inklusive Bildung
  • zu erlernen: Selbstständigkeit, Selbstverantwortung, Meinungsäußerung, Toleranz, Demokratie, sprachliche und künstlerische Ausdrucksfähigkeit, Sport, Medien
  • Schulpersonal drückt sich in politischen, religiösen usw. Fragen neutral aus.
  • Integration durch DaF-Unterricht
  • Begabtenförderung

Schulstruktur

§ 10 ff. Äußere Differenzierung

  • Schulstruktur, sprich die Einteilung in Stufen und Schultypen, entspricht der sog. äußeren Differenzierung (vs. innere Differenzierung, auch Binnendifferenzierung zwecks individueller Förderung)
  • Schulstufen (Primarstufe, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II), Schulformen (etwa Grundschule, Gymnasium, Hauptschule usw.) werden hier beschrieben.

§ 19 Sonderpädagogik

  • Sonderpädagogische Förderung
  • Förderschwerpunkte:
    • Lernen
    • Sprache
    • emotionale und soziale Entwicklung
    • Hören und Kommunikation
    • Sehen
    • geistige Entwicklung
    • körperliche und motorische Entwicklung
  • Regelfall: inklusive Bildung
  • zielgleich (außer im Förderschwerpunkt Lernen sowie Geistige Entwicklung)

Unterrichtsinhalte

§ 29 Unterrichtsvorgaben

  • Verweis auf schulformspezifische Unterrichtsvorgaben: Richtlinien, Rahmenvorgaben, Lehrpläne
  • Bildungsstandards vs. pädagogischer Gestaltungsspielraum

§ 33 Sexualerziehung

  • fächerübergreifende Ergänzung der Sexualerziehung durch die Eltern
  • biologisch, ethisch, sozial, kulturell
  • selbstbestimmter, selbstbewusster, verantwortungsvoller Umgang mit Sexualität
  • Gleichberechtigung zwischen Geschlechtern
  • Toleranz

Schulpflicht

§ 34ff. Schulpflicht

§ 41 Einhaltung der Schulpflicht

  • Eltern sind für die Einhaltung der Schulpflicht
  • bei Nicht-Erfüllung der Schulpflicht: Lehrer und Schulleiter nehmen Kontakt auf
  • bei Nicht-Erfüllung trotz pädagogischer Einwirkung: Jugendamt

Allgemeines zu Schulverhältnis

§ 42 Allgemeine Rechte und Pflichten

  • Recht und Pflicht mitzugestalten
  • Pflicht, Hausaufgaben zu erledigen
  • Eltern sorgen dafür, dass ihr Kind seine schulischen Pflichten erfüllt.
  • Jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung muss nachgegangen werden.

§ 44 Information und Beratung

  • gegenüber Eltern und Schülern
  • bezüglich Schulangelegenheiten
  • bezüglich individueller Lern- und Leistungsentwicklung sowie Noten und Bewertungsmaßstäbe
  • bezüglich Erziehung, Schullaufbahn und weiteren Bildungswegs
  • Eltern dürfen nach Absprache an einzelnen Unterrichtsstunden und Veranstaltungen teilnehmen.

§ 45 Meinungsfreiheit

  • Meinungsfreiheit (nur eingeschränkt durch Vorschriften der allgemeinen Gesetze)
  • Schülerzeitungen

Leistungsbewertung

§ 48 Grundsätze

  • Informationsfunktion der Notengebung
  • Berichtsfunktion der Notengebung
  • Diagnose und Ausgang von Fördermaßnahmen
  • Noten

§ 50 Versetzung und Förderbedarf

  • Versetzung als Regelfall
  • Vorversetzung möglich
  • Versetzungskonferenz
  • am Ende des Halbjahrs: individuelle Lern- und Förderempfehlung
  • bei gefährdeter Versetzung: Eltern schriftlich informieren

§ 52 Ausbildungs- und Prüfungsordnungen

  • Verweis auf APO-SI und APO-GOSt
  • dort Konkretisierungen bzgl. Prüfungen, Wahlmöglichkeit, Folgen bei Nichtbestehen oder Täuschungsversuchen usw. usf.

Weitere Vorschriften

§ 53 Erzieherischen Einwirkungen, Ordnungsmaßnahmen

  • gestaffelte Einwirkungen bei Fehlverhalten der Schüler
  • zunächst erzieherische Einwirkungen, wie Ermahnung, Missbilligung des Verhaltens, gemeinsames Gespräch mit Schülern und/oder Eltern, Maßnahmen der Wiedergutmachung eingerichteter Schäden, zeitweise Wegnahme von Gegenständen, Aufgaben zur Verdeutlichung des Fehlverhaltens
  • bei wiederholtem Fehlverhalten: schriftliche Information der Eltern; bei besonders häufigem Fehlverhalten: Ursachen nachgehen
  • Ordnungsmaßnahmen
    • schriftlicher Verweis (Schulleiter)
    • Überweisung in eine Parallelgruppe oder -klasse (Schulleiter)
    • vorübergehender – 1 Tag bis 2 Wochen – Ausschluss vom Unterricht (Schulleiter)
    • Androhnung der Entlassung von der Schule (Teilkonferenz)
    • Entlassung von der Schule (Teilkonferenz + Bestätigung der Bezirksregierung)
    • Androhung der Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes (Bezirksregierung)
    • Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes (Bezirksregierung)
  • „Ordnungsmaßnahmen werden den Eltern schriftlich bekannt gegeben und begründet.“

§ 54 Schulgesundheit

  • schulärztliche Untersuchungen
  • ggf. besondere Betreuung und Fürsorge
  • Beratung in Fragen der Gesundheitspflege
  • Bekämpfung übertragbarer Krankheiten
  • Schüler können aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend oder dauernd vom Schulbesuch ausgeschlossen werden -> Schulleiter überprüft regelmäßig amtsärztliches Gutachten
  • Alkohol-, Rauch-, Rauschmittelverbot

§ 55 Geldsammlungen

  • wirtschaftliche Betätigungen unzulässig
  • Geldsammeln möglich, aber
    • Freiwilligkeit
    • Anonymität von Spenden
    • Zustimmung der Schulkonferenz

Schulpersonal

§ 57 Lehrer

  • Der Artikel bietet eine gute Übersicht der Handlungsfelder: Unterricht, Erziehung, Beratung, Leistungsbeurteilung und System Schule.
  • „Lehrer unterrichten, erziehen, beraten, beurteilen, beaufsichtigen und betreuen Schüler […].“
  • Lehrer arbeiten zusammen und gestalten mit.
  • Lehrer bilden sich kontinuierlich fort.

Mitwirkung in der Schule

  • Übersicht aller Konferenzen u.ä. §§ 65-75

Datenschutz

  • §§ 120 ff.

Allen, die sich gerade aufs Kolloquium vorbereiten, wünsche ich viel Erfolg!



Jeden Sonntag erscheint ein neuer Artikel auf der Webseite. Bis der nächste herauskommt, könnten Sie auch diese interessieren:


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Silvia Ulivi

Humanistin mit einem unstillbaren Faible für Sprachsysteme, Literatur und Unterricht

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